26.03.2022
Haushaltsrede 2022 FW-Kreistagsfraktion von Bernd Nicklaser

Anrede,

Sondersituation 2020/2021/2022:

Eine gute Nachricht in Zeiten, die durch Pandemie und Kriegswirren geprägt sind, ist zumindest die, dass Corona die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landkreises nicht brechen konnte. Im Gegenteil ist die Umlagekraft um gut 7% angestiegen. Auch die gesicherte Prognose für das Jahr 2023 weckt mit einem weiteren Plus von 3,77 % Zuversicht. Für die Entwicklung der Folgejahre sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs dagegen noch nicht absehbar.

63,7 Mio. € sind der Betrag, den infolge dieser Umlagekraftsteigerung die 27 Städte und Gemeinden zur Deckung des Finanzbedarfs des Landkreises beitragen, 4,2 Mio. € mehr als noch in 2021. Eine stolze Summe, in der sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Stabilität des Landkreises und vor allem die unserer Kommunen wiederfindet. Nicht verschwiegen werden soll allerdings, dass diese Steigerung auch auf Ausgleichszahlungen des Freistaats in Höhe von insgesamt rund 1,4 Mrd. € und des Bundes in Höhe von 1 Mrd. € zurückzuführen ist.

Wir sind dankbar, dass die übergeordneten politischen Ebenen die 1. kommunale Ebene auch in schwierigen Zeiten maßgeblich unterstützen. 8 Mio. € aus diesen genannten Ausgleichsmitteln finden sich in der Umlagekraft des Landkreises wieder. Rekordverdächtig sind die rund 28,5 Mio. € an Investitionen, die heuer im Vermögenshaushalt angesetzt sind.

Beachtlich auch die weitere Reduzierung der Schulden im Kernhaushalt zum Jahresende 2021 auf 20,7 Mio. €, ausgehend von rund 41 Mio. € im Jahre 2004. Ein Zeitraum, in dem trotz Schuldenabbau die Investitionen in den Bildungsbereich mittlerweile die 100 Mio. € Grenze übersteigen!

Kreiskliniken:

Umbaumaßnahmen, sowohl struktureller als auch baulicher Art stehen an den Kreiskrankenhäusern an. Kardiologie und Notaufnahme in Dillingen, die Einrichtung einer Geriatrie in Wertingen sind die ersten Bausteine einer Neuaufstellung der beiden Häuser, die einer weiteren Fortführung durch den Neubau einer Pflegeschule in Wertingen und dringend auch weiterer zusätzlicher Synergiebausteine bedürfen.

Es ist zu hoffen, dass uns das vom Aufsichtsrat der gGmbH in Auftrag gegebene Gutachten insoweit Perspektiven aufzeigen kann. Gerade diese Pandemie hat die in den Vorjahren gewonnene Erkenntnis nachhaltig bestätigt: eine wohnortnahe medizinische Versorgung - und diese ambulant wie stationär - ist schlicht und ergreifend unverzichtbar!

Unser Dank gilt hier den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten genauso, wie den ärztlichen und pflegenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren Kreiskliniken, die trotz aller Widrigkeiten und eigener gesundheitlicher Gefährdungen im dritten Jahr an der Grenze der Belastbarkeit arbeiten. Inakzeptabel und eine weitere wirtschaftliche Schwächung der Krankenhäuser der Grundversorgungsstufe war deshalb das Einstellen der Ausgleichszahlungen des Bundes für das Bereithalten von Betten und Kapazitäten für Corona – Patienten während großer Zeiträume in 2021. Und damit nicht genug, geschieht das gleiche jetzt auch wieder seit dem 20.03.2022!

Aus wirtschaftlicher Sicht sind dies „Stillstandszeiten“ in denen keine elektiven Eingriffe durchgeführt werden können, also weder mit „Regeleinnahmen“, noch mit jetzt wieder Ausgleichszahlungen dafür geplant werden kann. Dass der Bund mit diesem neuerlichen Zahlungsstopp wiederum massiv die finanzielle Situation der Kliniken der Grundversorgungsstufe verschlechtert, ist rational nicht mehr nachvollziehbar, zumal diese ihre Wichtigkeit gerade in der Pandemie nachdrücklich bewiesen haben. Andererseits wissen wir, dass wir im Freistaat Bayern einen verlässlichen Partner bei der Finanzierung von Baumaßnahmen im Krankenhausbereich haben. Dass sich führende Vertreter der Regierungskoalition jetzt für die Weiterführung der Förderung der Geburtshilfeabteilung und für eine bessere Finanzierung des Betriebs „Kleiner Krankenhäuser“ aussprechen, ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Dass nach dem Koalitionsvertrag vor allem kleine Häuser bei Umstrukturierungen unterstützt werden sollen und wir an die Realisierung dieses Programmsatzes appellieren, ist ebenso sicher die konsequente Einforderung des nächsten Schritts. Dringend erforderlich ist jedoch, dass der für die Finanzierung des Betriebs zuständige Gemeinsame Bundesausschuss die realitätsfremde und für das sog. „Flache Land“ feindliche Lobby-Politik für Großkliniken und Großkonzerne endlich aufgibt und diese durch praxisnahe Regelungen den lokalen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und damit den Verhältnissen im realen Leben anpasst.

Jugendhilfe:

Bei aller Berechtigung der Diskussion in der Öffentlichkeit über die defizitäre Entwicklung der Kosten unserer Krankenhäuser müssen wir die Kostenentwicklung im Bereich Jugendhilfe zumindest ebenso in den Fokus nehmen: eine Steigerung der Aufwendungen gerade in den letzten vier Jahren von 5,8 Mio. € netto Ansatz 2018 auf 9,38 Mio. € netto 2022 lässt eine Tendenz in der gesellschaftlichen Entwicklung erkennen, die nicht nur zum Nachdenken, sondern zum Handeln zwingt! Sicherlich sind Teile der Kosten auch durch fehlende Sozialkontakte und Einschränkungen des täglichen Lebens durch 4 Corona zu begründen, aber diese Entwicklung hatte bereits vor Corona begonnen und setzt sich jetzt in zunehmendem Maße fort. Es wird also nicht genügen, die aktuelle Fortschreibung der Sozialraumanalyse – über die wir im Anschluss noch zu beraten und beschließen haben - zur Kenntnis zu nehmen und zur Tagesordnung über zu gehen, sondern es ist Gebot der Stunde, die Ergebnisse mit Unterstützung von Fachleuten zu analysieren und in den Jugendhilfeplanungen entsprechende Programme, Projekte und präventive Maßnahmen zu installieren.

ÖPNV:

Initiiert durch einen Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER bereits aus dem Oktober 2019 und bestätigt durch das Konzept der Staatsregierung, Verkehrsverbünde in Gründung und Betrieb verbessert zu fördern, ist derzeit ein Gutachten in Auftrag, das schlussendlich Wege und dann auch Mittel zu einer Verbesserung und Attraktivierung des ÖPNV im Landkreis aufzeigen soll. Dass auch dieses ÖPNV-Konzept neben den erfolgreichen Sonnen- und Heizungskampagnen des Landkreises ökologisch und ökonomisch Bestandteil einer nachhaltigen Klimapolitik sein muss, ist evident.

Abschließend darf ich feststellen, dass wir auch in diesem Jahr alle vorgesehenen Investitionen bedienen, die Kreisumlage stabil halten und wiederum 1 Mio. € als Sondertilgung zur Schuldenreduzierung einsetzen können.

Wir können damit einen grundsoliden und gut aufgestellten Haushalt 2022 trotz aller äußeren Erschwernisse auf den Weg bringen.

Zum Schluss gestatten Sie mir noch eine persönliche Anmerkung:

Sehr geehrter Herr Landrat,

es ist zwar noch nicht verinnerlicht, aber doch Tatsache: dies war Ihre letzte Haushaltsrede in diesem Hause, der letzte Haushalt, um dessen Ausgleich wir in vielen Jahren mal mehr, mal weniger in zahlreichen Ausschusssitzungen gerungen haben. Dies ist auch der letzte Haushalt, der die Handschrift unserer Kreiskämmerin, Frau Mayerle, trägt. Es ist eine gute - weil berechtigte Tradition - sich jedes Jahr beim Landrat und bei Ihnen, Frau Mayerle, für die stete Information, die offene und kooperative Zusammenarbeit zu bedanken. Nie war mir dies jedoch so bewusst wie heute, dass dieses über Jahre gewachsene Vertrauen keine Selbstverständlichkeit ist und war, dass dieses in künftigen Jahren mit und von den Amtsnachfolgern wieder neu zu erarbeiten sein wird. Deshalb an dieser Stelle nochmals Danke, für die Zusammenarbeit bei diesem und der Vielzahl der zurückliegenden Haushalte!

Danke sage ich auch dem erstmals in die Haushaltsaufstellung eingebundenen neuen Kämmerer, Sebastian Bundschuh, den  Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen für die guten und offenen Beratungen im Vorfeld der Haushaltsaufstellung, genauso, den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landkreises, die auch in schwierigen Zeiten ihren Beitrag zu einer dennoch wieder gestiegenen Wirtschaftskraft geleistet haben und leisten.

Die Fraktion der FREIEN WÄHLER wird dem vorgelegten Haushaltsplan mit Satzung und der Finanzplanung für die Jahre bis 2025 zustimmen.

Dillingen, im März 2022

Bernd Nicklaser Fraktionsvorsitzender