24.03.2024
Statement der FW-Fraktion zur Situation und Perspektive der Kreiskliniken

Kreistagssitzung vom 22.03.2024 Statement FW-Fraktion

Nicht erst seit Corona, aber dadurch massiv verstärkt, haben wir eine grundlegende Veränderung der Krankenhauslandschaft hinzunehmen, deren Ende heute noch nicht abzusehen ist.

Deutlich erkennbar aber ist, dass diese Veränderung von Berlin nicht mit dem feinen Skalpell, sondern mit der groben Axt durchgeführt wird, ohne Unterschied, ob wir über eine dichte Krankenhauslandschaft in Ballungsräumen oder über kleine Kliniken in flächigen Gebieten reden: gemeinsame Blaupause bleibt das System NRW!

Eines der Ziele dieser Reform ist, planbare Operationen dem Grunde nach in „Schwerpunktkliniken“, also auf der zweiten Ebene der stationären Versorgung durchführen zu lassen oder – im Bedarfsfalle – auf der dritten Ebene, der Ebene der „Maximalversorger“, der Unikliniken.

Was danach auf unserer, der ersten Ebene der Stationären Versorgung verbleiben soll und kann, ist dem Grunde nach die Sicherstellung einer funktionierenden Notfallversorgung

ODER

der Versuch, in Kooperationen die Qualitätsanforderungen einzelner dieser insgesamt 69 neu definierten Leistungsgruppen in personeller und sächlicher Hinsicht zu erfüllen, denn dann – und nur dann – kommen wir in den Genuss des neuen Bezahlsystems, der „Vorhaltepauschalen“.

Umgeschwenkt durch diesen „normativen Zwang des Faktischen“ ist mittlerweile auch das Bayerische Gesundheitsministerium: war vor Kurzem noch der Neubau eines zentralen Krankenhauses für den Landkreis Dillingen eine Option („Variante 3“), so wird heute eine Landkreis - autarke Lösung Dillingen / Wertingen von vorneherein als chancenlos bewertet.

Die neue ministerielle Zielvorgabe lautet deshalb „Kooperationen“, sowohl mit der Uniklinik Augsburg, als auch mit Nachbarlandkreisen, denen aufgrund gleichgelagerter Probleme ähnliche Zukunftsprognosen attestiert werden und bei denen wohl ebenfalls nicht die Chance gesehen wird, eines der bestehenden Krankenhäuser zur Schwerpunktklinik aufzustufen.

Dieser Weg entspricht im übrigen auch den Vorgaben der Landkreisordnung, die Pflichtaufgabe Stationäre Krankenversorgung beim Übersteigen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landkreises in kommunaler Zusammenarbeit zu regeln! Und ich stehe wohl nicht alleine, wenn ich dieses „Übersteigen“ bei im Finanzplan Jahr für Jahr fortgeschriebenen Ausgleichsleistungen von rund 13 Mio. € als eingetreten sehe.

Als Datenbasis möglicher Kooperationen stehen uns die bereits für unsere Kreiskliniken erstellten Gutachten und das vom Kreistag beschlossene Medizinkonzept zur Verfügung, das an Einsparungen einen Betrag in Höhe von 5 Mio. € /p.a. erbracht hat. Ein Betrag, der nur unter großen Opfern von allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und mit enormem Aufwand der Geschäftsführung zu erzielen war.

DAFÜR HOHEN RESPEKT UND DANK AN BEIDE HÄUSER!

Gleichwohl, trotz aller Anstrengungen, verbleibt im Wirtschaftsplan 2024 ein Minus in Höhe von 12,76 Mio. €, ein Betrag, den der Landkreis zuzüglich eines Sicherheitspuffers für die notwendige Liquidität wieder auszugleichen hat. 12,76 Mio, €, das bedeutet unter Berücksichtigung des Schaltjahres pro Tag einen Verlust in Höhe von 34.863,39 €. Und ein Betrag in der nämlichen Größenordnung findet sich – wie schon ausgeführt - auch in der Finanzplanung der Folgejahre wieder.

Ein Betrag, der auch zeigt, dass bei allen möglichen Einsparungen die für den Betrieb der beiden Häuser erforderlichen Erlöse nicht mehr zu erzielen sind. Dass in diesen Minusbetrag an Investitionen nur Ersatzbeschaffungen für verlustig gehendes Gerät oder Reparaturen, jedoch keine Anschaffungen von neuer Technik oder Investitionen in die Gebäude aufgenommen werden können, zeigt deutlich die Dramatik der Situation.

Spezialisierung, Ambulantisierung und ein zum 1. Mai 2024 in Kraft tretendes „Krankenhaustransparenzgesetz“ sind Gründe dafür, dass die ohnehin schon hohe Zahl von 51 % der potenziellen stationären Patienten, die heute schon stationäre Leistungen außerhalb des Landkreises in Anspruch nehmen, nicht geringer werden wird.

Dass diese im Bereich menschlicher Gesundheit eigentlich vollkommen deplatzierte „Check 24-Mentalität“ des Krankenhaustransparenzgesetzes für viele Klinikbetreiber in die Insolvenz führen muss, wird offensichtlich hingenommen, da auch auf diesem kalten Weg die angestrebte Reduzierung der Bettenzahl erreicht werden kann.

Insoweit ersparen sich Bund und Freistaat als zuständige Planungsbehörde bis heute unmittelbare Eingriffsregelungen, für die sie dann nicht nur die politische, sondern u. U. auch die rechtliche Verantwortung zu übernehmen hätten.

Deshalb: die Frage ist schon lange nicht mehr, ob und was wir im Bereich Stationärer Krankenversorgung in unserem Landkreis anbieten wollen.

Wenn wir in Zukunft bei der Vielzahl von gleichberechtigten Pflichtaufgaben des Landkreises wirtschaftlich handlungsfähig bleiben wollen und zudem eine stationäre Versorgung anbieten wollen, die auf dem aktuellsten Wissens- und Technikstand operiert – wenn auch vielleicht nicht mehr vollumfänglich in unseren Häusern - bleibt der Weg in Kooperationen wieder einmal „alternativlos“ oder mit anderen Worten:

Wenn wir den Weg in die Zukunft nicht selbst aktiv gehen

- werden wir gegangen!“

Dillingen, im März 2024